Nearshoring-Serie Teil 1: Intro diselva Nearshore Excellence Framework

von Jan Keller am

Near- und Offshoring sind in der IT-Welt omnipräsent. Mal als Trend hin zum Shoring, mal als Gegentrend weg vom Shoring. Aus dem Fokus sind sie aber nie. Der Schritt in Richtung Nearshoring (oder auch wieder weg davon) ist oft nicht nur für einzelne Projekte, sondern für  gesamte Unternehmen von enormer, manchmal sogar existenzieller Bedeutung. Deswegen sollte dieser Schritt strategisch angegangen werden. Dabei gilt: Jeder Nearshoring-Case ist individuell und braucht eine passgenaue Lösung. Bei diselva sind wir die richtigen Ansprechpartner, wenn es darum geht, Near- und Offshoring-Projekte von Anfang bis Ende zu begleiten. Unsere Experten haben nicht nur Nearshoring-Standorte ausgewählt, aufgebaut und geführt, sondern auch in zahlreichen Projekten in unterschiedlichen Setups mit Near- und Offshore-Teams im Tagesgeschäft gearbeitet und wissen genau, worauf es ankommt.

Für Beratungen rund um das Thema Near- und Offshoring haben wir das diselva Nearshore Excellence Framework entwickelt. Es basiert auf vier Säulen, die in jedem Nearshoring-Projekt berücksichtigt werden müssen:

  1. Definition und Schärfung des Geschäftsmodells

  2. Aufbau und Skalierung des Nearshore-Geschäfts

  3. Definition des Zusammenarbeitsmodells

  4. Integration und erfolgreiche Zusammenarbeit

Im ersten Blog dieser Reihe werfen wir einen Blick auf die erste Säule des Frameworks: "Definition und Schärfung des Geschäftsmodells"

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Säule 1: Definition und Schärfung des Geschäftsmodells

Bevor mit einem Nearshoring-Projekt gestartet wird, muss zunächst die Motivation hinter der Entscheidung analysiert und genau verstanden werden. Die wichtigste Frage lautet dabei: Warum überhaupt Nearshoring? Was soll damit erreicht werden? Grob gesagt, stehen in den meisten Fällen zwei Dinge im Vordergrund:

  • Kostensenkung

  • Zugang zu Talenten

Diese grundlegende Weichenstellung ist entscheidend, denn sie beeinflusst den gesamten weiteren Verlauf des Shoring-Vorhabens. Vor Jahren war der Fokus bei Nearshoring oft eindeutig auf der Kostensenkung. Unternehmen verlagerten IT-Jobs in günstigere Länder (Ansatz der verlängerten Werkbank). Doch dieser Ansatz ist längst nicht mehr die einzig wahre Lösung. Der "War for Talents" hat inzwischen die oberste Priorität übernommen. Der Wettbewerb um gut ausgebildete Fachkräfte ist weltweit riesig. Nearshoring-Standorte eröffnen Unternehmen den Zugang zu einem weiteren Talent-Pool. Dies ist von überragender strategischer Bedeutung für viele Unternehmen, weshalb die Kostensenkung immer weiter in den Hintergrund gedrängt wird.

Selbstverständlich profitiert man im Falle eines Nearshoring-Standorts im Osten Europas immer noch von günstigeren Kosten. Der Unterschied zum Westen wird aber kleiner. Dies aufgrund von steigenden Löhnen und einem exportierten War for talents und weiter durch höhere Ansprüche der lokalen Talenten: Attraktive Büroflächen sind ebenso selbstverständlich wie zum Beispiel der Wunsch nach full private health insurance für die gesamte Familie).

Für viele Unternehmen reicht es nicht mehr, einfach nur günstige Arbeitskräfte zu finden. Es geht vielmehr darum, hochqualifizierte Talente zu gewinnen und zu halten - und das bei einem immer härter werdenden Wettbewerb. In ein paar Jahren wird die einzig relevante Frage lauten, ob man Zugang zu spezialisierten Fachkräften bekommt oder nicht.

Wichtige Fragen bei der Definition des Geschäftsmodells

  • Kostensenkung oder Zugang zu Talenten?
    • Welche Priorität hat das Unternehmen? Sucht man vor allem nach Kostensenkung, oder steht der Zugang zu Talenten im Vordergrund?
  • Soll der Standort innerhalb oder ausserhalb der EU liegen?
    • Besonders im Umgang mit Kundendaten spielt diese Frage eine grosse Rolle, vor allem im Hinblick auf GDPR und DSGVO.
    • Auch bezüglich Kosten spielt diese Frage eine Rolle. Sobald ein Land Teil der EU ist, steigen die Kosten.
  • Welche Skills werden am Nearshore-Standort benötigt?
    • Ist der Standort in der Lage, die nötigen technischen Skills bereitzustellen? Und wie sieht es mit der Engineering Culture vor Ort aus?
    • Welche Universitäten bilden Talente aus?
  • Welche rechtlichen und bürokratischen Hürden gibt es?
    • Bürokratie und Investorenfreundlichkeit sind zentrale Faktoren, die den Auswahlprozess für einen Nearshore-Standort beeinflussen.
  • Welche zwingenden Voraussetzungen braucht es, damit die Zusammenarbeit funktioniert?
    • Hier spielt nicht nur die Erreichbarkeit des Standorts eine Rolle, sondern auch komplexere Faktoren wie zum Beispiel die interne Leistungsverrechnung, die für eine reibungslose Zusammenarbeit wichtig sind (oder nicht).
  • Welches Setup wird angestrebt?
    • Der Aufbau eines eigenen Nearshore-Standorts ist nicht die einzige Option. Es gibt viele Alternativen: Zusammenarbeit mit Freelancern (direkt oder über EOR-Unternehmen), Kooperation mit Firmen, die bereits ganze Nearshoring-Teams bereitstellen, der Kauf und die Integration einer Nearshoring-Firma oder eben der eigene Standortaufbau.
  • Welche Länder-Spezifika müssen berücksichtigt werden?
    • Es geht nicht nur um sozio-kulturelle Unterschiede und Herausforderungen (die einen eigenen Blog-Post wert wären), sondern auch um wirtschaftliche Rahmenbedingungen, bürokratische Hürden bei der Firmengründung und wie investorenfreundlich das Klima im Land ist.

In dieser ersten Säule geht es also nicht nur darum, die wirtschaftlichen Ziele festzulegen, sondern auch darüber nachzudenken, welche konkreten Rahmenbedingungen der gewählte Standort bieten muss. Ein gut definiertes Geschäftsmodell legt den Grundstein für den gesamten Nearshoring-Prozess - von der Standortwahl bis zur Teamstruktur.

Im nächsten Blog werden wir uns der Frage widmen, wie man ein Nearshore-Geschäft aufbaut und skaliert. Was sind die wichtigsten Schritte, um den Standort erfolgreich zu etablieren, und wie lässt sich das Geschäft nachhaltig ausbauen? Gleichzeitig werfen wir einen Blick auf die Zusammenarbeitsmodelle und die erfolgreiche Integration von Nearshore-Teams in die Projektstrukturen.

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Jan Keller

Chief Operating Officer & Partner

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