Stabilität vs. Innovation: DevOps und die Herausforderungen
von Ursin Saluz am
Wie in meinem letzten Post angekündigt, nehme ich Euch mit hinter die Kulissen des operativen Betriebs der Weissen Arena AG. Getreu dem Motto “You build it, you run it” haben wir die Software auch operativ selbst gemanagt – eine Praxis, die bereits von Inside Labs etabliert worden war. Besonders in der Hochsaison musste das System, über das die Mehrheit des Ticketumsatzes generiert wurde, absolut zuverlässig funktionieren – was wir auch stets gewährleistet haben.
Insbesondere die Gastronomiebetriebe waren stark von der Funktionalität der App abhängig. Viele Restaurants am Berg nutzten das “Mobile Ordering”, wodurch Gäste ihr Essen per App direkt an den Tisch bestellen konnten. Die traditionellen Point-of-Sale-Systeme dienten nur noch als Backup für Gäste ohne App. In Zeiten hohen Andrangs, wenn die Küchen ausgelastet waren, durften schlichtweg keine Fehler oder Ausfälle passieren – eine Verantwortung, die wir sehr ernst nahmen.
Das System war grundsätzlich immer stabil. Die einzigen nennenswerten Zwischenfälle betrafen vor allem zu Beginn das Zahlungssystem Twint, das gelegentlich für einige Stunden nicht erreichbar war – was verständlicherweise zu Frustration bei unseren Schweizer Gästen führte. Auch die stark schwankenden Besucherzahlen stellten uns vor Herausforderungen. Im Sommer, wenn nur ein Bruchteil der Wintergästezahlen die Gastronomieangebote und Gamification-Features der App nutzte, wurde mit Prisma eine neue Datenbankabstraktion implementiert. Der Einfluss dieser Änderung wurde erst im Winter spürbar – genauer gesagt am ersten sonnigen Samstag im Dezember. Einige Datenbankabfragen waren nicht optimal gestaltet, und mit dem plötzlichen Anstieg der Nutzerzahlen führte dies zu Performance-Problemen, da die Datenbank nicht mehr wie gewünscht mitskalieren konnte. Doch unser Team war schnell zur Stelle: Gemeinsam haben wir noch am frühen Samstagmorgen, vor dem grossen Ansturm in den Restaurants, das Problem identifiziert und behoben – und damit sowohl die Gäste als auch die Gastronomen zufriedengestellt. Ein Paradebeispiel für die Wichtigkeit von DevOps und schneller Reaktionsfähigkeit.
Meine Key Takeaways aus den letzten drei Jahren:
Selbstorganisation & Transparenz
Eine der wertvollsten Erkenntnisse meiner Zeit bei der Weissen Arena: Absolute Transparenz ist die notwendige Konsequenz erfolgreicher Selbstorganisation. Das Management muss jederzeit wissen, woran gearbeitet wird und welche Ziele verfolgt werden. Umgekehrt muss das Management eine klare Vision vorgeben, an der sich das Team orientieren kann. Entscheidungen fallen auf beiden Seiten leichter, wenn ein vertrauensvolles Verhältnis besteht und die gegenseitigen Ziele bekannt sind.
Wir haben ein Idea-Board gepflegt, auf dem alle Manager auf Epic-Basis ihre Inputs einbringen konnten. Besonders intensiv war die Zusammenarbeit mit dem Marketing – unserem Hauptstakeholder. Wöchentliche Abstimmungen, Feature-Priorisierungen und die Aufnahme von Themen aus dem operativen Tagesgeschäft gehörten zu unserer Routine. Unsere Roadmap – die grobe Planung für die kommenden drei Monate – haben wir regelmässig mit den anderen Teams geteilt und als Lego-Board in unserem Büro visualisiert. An dieser Stelle ein grosser Dank an meinen ehemaligen Kollegen Florian Karb – das Board zu gestalten hat stets viel Freude bereitet und die Zusammenarbeit greifbar gemacht.
Eine klare Vision als Wegweiser für selbstorganisierte Teams
In einem Umfeld, wo Teams zunehmend autonom und selbstorganisiert arbeiten, wird eine kristallklare Vision zum entscheidenden Erfolgsfaktor. Sie dient als Kompass, der allen Teammitgliedern erlaubt, eigenständige Entscheidungen zu treffen, die dennoch auf ein gemeinsames Ziel ausgerichtet sind. Wenn jede Person das übergeordnete Bild versteht, können kreative Lösungswege entstehen, ohne dass ständige Rückfragen oder Mikromanagement notwendig werden. Die Vision schafft einen Rahmen, innerhalb dessen Innovation und Selbstständigkeit gedeihen können.
Regelmässiger Stakeholder-Kontakt als Grundlage für nachhaltige Lösungen
Der direkte und kontinuierliche Austausch mit Stakeholdern ist mehr als eine Formalität – er ist das Fundament für erfolgreiche Projekte. Durch regelmässige Gespräche werden Bedürfnisse frühzeitig erkannt, Missverständnisse vermieden und Vertrauen aufgebaut. Diese Transparenz schafft nicht nur Akzeptanz für das Vorgehen, sondern ermöglicht auch die gemeinsame Entwicklung von Lösungen, die wirklich den Anforderungen entsprechen. Wenn Stakeholder aktiv in den Prozess eingebunden werden, entsteht ein produktiver Dialog, der zu besseren Ergebnissen führt und die Zufriedenheit aller Beteiligten steigert.
Der Balanceakt zwischen Stabilität und Innovation
Eine der grössten Herausforderungen in der Produktentwicklung liegt im geschickten Ausbalancieren von Stabilität und Innovation. Einerseits brauchen Nutzer eine verlässliche Basis, die reibungslos funktioniert. Andererseits müssen Produkte durch neue Features wachsen und sich weiterentwickeln, um relevant zu bleiben. Diese Balance erfordert ein feines Gespür für das richtige Timing und die richtige Dosierung von Veränderungen. Erfolgreiche Teams verstehen, wann es Zeit ist, den Fokus auf die Konsolidierung bestehender Funktionen zu legen, und wann der Moment gekommen ist, mutig neue Wege zu beschreiten.
Schlussfolgerung: Mehr als nur Code
Zahlreiche Veränderungen in den letzten Monaten und ein Richtungswechsel in der strategischen Ausrichtung der digitalen Vision haben mich schliesslich dazu bewogen, neue Wege zu gehen und bei diselva neue Wurzeln zu schlagen.
Ich habe mich über die Jahre hinweg stark mit dem Produkt identifiziert und nehme wertvolle Learnings mit: fundierte DevOps-Praktiken und neu erworbene technische Fähigkeiten, die mich in meiner beruflichen Laufbahn weiter voranbringen werden. Während meiner Zeit bei der Weissen Arena hatte ich mit praktisch allen Abteilungen Berührungspunkte – nicht nur mit Marketing, Gastronomie, Kassenpersonal und Hotellerie, sondern auch mit der Skischule, Finanzen, HR und der Eventabteilung. Die Zusammenarbeit war stets von gegenseitigem Respekt geprägt und gemeinsam haben wir nach optimalen Lösungen für unsere Gäste gesucht. Dabei sind nicht nur erfolgreiche Projekte entstanden, sondern auch viele Freundschaften.
Der Gast stand immer im Fokus unserer Bemühungen, und ich glaube, dass wir diesem Anspruch im Rahmen unserer Möglichkeiten auch hervorragend gerecht geworden sind.
Teilt eure Erfahrungen!
Was sind eure grössten Herausforderungen in der Softwareentwicklung? Habt ihr ähnliche Erfahrungen mit sich entwickelnden Teamstrukturen gemacht? Wie sah eure digitale Transformation aus? Ich freue mich auf euren Austausch und eure Perspektiven zu diesem Thema.